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Die Welt aus der Sicht eines Waldläufers - Der Ruf der Wildnis |
Merkwürdig ist das Gefühl, wieder zurück in der "Zivilisation" zu sein. Menschen unmenschlich, hetzen, ungeduldig,
lieblos, unzufrieden, unglücklich gar. Ungesund, konsumierend. Auf der Flucht vor der Stille.
"Stillstand ist der Tod" singt Herbert Grönemeyer. Ja, das ist Stille. Tod bedeutet aber auch Leben. Das ist ein Kreis.
In unserer heutigen, westlichen Gesellschaft flüchten wir vor ihm, ignorieren wir den Tod. Leider ignorieren wir dabei
auch das Leben.
Lebensfreude und Menschlichkeit bleiben auf der Strecke. Liebe.
Menschen, die die Stille suchen und finden, dort draußen in den einsamen Wäldern, Bergen und Wüsten dieser Erde, können
nur entsetzt dem Treiben der heutigen Lebewesen, die früher einmal Menschen waren, zuschauen.
Strom kommt aus der Steckdose, Wasser aus dem Wasserhahn, Milch aus der Tüte, Bekleidung aus dem Superstore, Essen kommt
aus dem Supermarkt. Der Tag fängt mit dem Wecker an, die Sonne auf Knopfdruck erscheint. Der Tag endet per Knopfdruck.
Glück ist käuflich. Das Individium ist alles, andere Menschen Feinde. Unsere Zeit wird bestimmt von der mechanischen Uhr.
Arbeit ist alles, der Weg zum Glück. "Urlaub" ist stressiger als die Arbeit selbst. Alkohol und andere Drogen letzte Flucht.
"Seht doch hin! Wacht doch endlich auf!" Schütteln möchte ich die Menschheit am liebsten.
Strom kommt nicht aus der Steckdose. Für diesen Strom werden Atomkraftwerke gebaut und betrieben. Schaut euch an, wieviel
Atomkraftwerke in eurer Nähe sind. Nähe = mehrere hundert Kilometer. Atomkraft, aus der dann Waffen gemacht werden. Kohlekraftwerke, die Kohle aus dem Schoß der Erde verbrennen. Wasserkraftwerke, die ganze Flüße
aufstauen, Ökosysteme zerstören. Windräder, die die Landschaft verschandeln. Sonnenenergiekollektoren, deren Chips aus
Silizium oder sonstwas gemacht werden. Das wieder erst ausgegraben, verarbeitet und mit dem LKW verschickt werden muß.
Aller Strom erzeugt Wärme, alle Stromgewinnung verpestet Luft und Wasser. Dann lasst uns noch einen elektrischen Quirl
benutzen. Der Strom werden wir immer haben?
Wasser kommt nicht aus dem Wasserhahn. Wasser ist überall. In der Luft, in den Flüssen, unter der Erde. Und in uns.
Wasser ist Leben. Wasser ist ein Kreis. Schütten wir weiter Waschmittel in den Abfluß. Sieht denn keiner, daß dieser
Abfluß uns direkt in den Mund führt?! Muß Waschmittel heutzutage wirklich verwendet werden, wo doch garkein Schmutz
unsere Sachen berührt, sondern nur unser Schweiß?! Schweiß wird durch reines Wasser aber ganz einfach gelöst.
Das Abwasser landet wieder in uns. Wasser ist ein Kreis.
Das Essen wird aus fernen Ländern herangeschafft. Mit Schiffen und LKWs. Die wiederum Öl in Form von Benzin, Schmieröl,
Reifen verbrauchen. Dieses Öl wird per Tankerschiff über unsere Meere gefahren. Gefahr der Ölpest. Das von den Schiffen und
LKW verfahrene Benzin geht in die Luft. Unsere Luft. Schwermetalle, Gifte. Luft ist ein Kreis. Damit die Lebensmittel nicht
verderben, müssen sie haltbar gemacht werden. Müssen eingepackt werden. Die Zusatzstoffe machen uns krank und schwach.
Krebserregend sind sie, auch rufen sie Allergien hervor. Die Verpackung ist aus Plastik. Plastik ist aus Öl. Öl ist unendlich?
Kleidung ist aus Plastik und wird in den armen Ländern zusammengenäht. Per Schiff und LKW transportiert. Heute gibt es keine
Sklaverei mehr?
Die Zeit. Wird durch den Wecker bestimmt. Aufstehen im Dunklen, muß ja zur Arbeit. Zu einer Zeit, die von wirtschaftlichen
Interessen gesteuert wird. In klimatisierten Räumen, Licht nach Wahl verbringen wir unseren Tag. Abseits von den Jahreszeiten,
abseits von Tageszeiten. Wir bestimmen durch unsere Technik selbst unseren Rythmus. Wir machen selber Zeit.
Falsch! Wir sind Menschen, die erst vor - sagen wir mal - zweihundert Jahren den Rythmus der Natur entsagt haben. Was sind
aber zweihundert Jährchen in der Evolution?! Weniger als nichts. Unsere "echte" Zeit geht immer noch nach dem Rythmus der Natur,
nach dem Mond, der Sonne, den Sternen, den Jahreszeiten. Unser ganzer Biorythmus ist danach eingestellt. Durch unseren Versuch,
uns davon zu koppeln, machen wir uns krank, unglücklich und zeitlos! Huch, schon wieder ein Jahr vorbei....
Als Waldläufer, Naturmensch, beobachtet man den Wandel in der Natur. Auch er ist ein Kreis, aber er ist nie derselbe.
Wenn man aber die echte Zeit nicht beobachtet, dann kann man sie nicht wahrnehmen. Mechanische Zeit kann sie nie ersetzen.
Wie schön wäre ein Tag, wenn Du mit der Sonne aufstehen und mit ihr zu Bett gehen würdest. Wie würde dein Körper sich durch
Winterzeiten und Sommerzeiten ausruhen können in den kalten Tagen, loslegen in den warmen Tagen. Es würde Wechsel geben.
Wechsel zwischen Ausruhen und Arbeiten. Eine gesunde, natürliche Mischung. Wechsel würde spürbar sein, Takt geben, Zeit geben.
Das eigene Glück steht heute im Vordergrund. Dabei ist das, was sich wirklich zu lohnen tut, das, was wir für Andere machen.
Konsum, Konsum. Kurze Glücksstöße. Super, ein neues Auto. Einen Monat später wieder langweilig. Oh toll, ein Kinofilm. Schon
ist er vorbei. Oh, schönes Geburtstagsgeschenk. Schon steht es in der Ecke. Der Holzlöffel aber, den man sich als Junge schnitzte
und heute einen Ehrenplatz in der Küche hat; das selbstgemachte Buch eines Freundes; die lustigen Erzählungen in einer schönen
Runde - das sind Dinge, an die man sich erinnern wird. Arbeit ist nämlich Liebe sichtbar gemacht. Alles, was mit Geld gekauft wird,
ist niemals so wertvoll, wie ein mit eigener Liebe und Arbeit erstelltes Produkt. Der Apfel aus dem Garten schmeckt in jedem
Fall besser als der aus dem Supermarkt. Ich habe ihn gegossen, den Apfelbaum. Habe die Äpfel gepflückt. Am besten noch mit
Freunden zusammen. Dann Apfelwein gegoren. Indem wir andere eine kleine Freude bereiten, und wenn es nur ein "Guten Tag" mit einem
Augenzwinkern ist, machen wir uns glücklich. Geld macht nur glücklich, wenn wir es teilen.
Wo ist denn die ganze Menschlichkeit geblieben, all die Liebe. Sie sind untergegangen. Auf der Flucht vor dem Leben.
Alles schön und gut, wird man mir jetzt sagen: aber können wir etwas ändern an dieser Welt?! Können wir zurück?!
Zurück zur Natur?! Ja, aber nicht mit dem Auto. Wir müssen bei uns selber anfangen. Wenn Du etwas ändern willst, beginne bei Dir.
Beginne die Stille zu suchen, finde sie, akzeptiere sie. Genieße sie. Beginne zu beobachten. Bemerke kleine Dinge in deinem Leben.
Alles weitere wird von alleine kommen. Glücklich wirst Du von dem Tag an sein, an dem Du die Stille entdeckst und halten kannst.
Gehe einfach raus zu den "anderen Menschen", den Tieren und Pflanzen. Sternen und Mond. Der Wind und das Feuer.
Sie zeigen Dir die Stille. Wir gehören dazu.
Ich verstehe die Naturvölker dieser Erde viel besser, wenn sie sprechen:
Wenn Du dich am Morgen erhebst,
danke für das Tageslicht,
für dein Leben und deine Kraft,
danke für die Nahrung
und das Glück, leben zu dürfen.
Wenn Du keinen Grund zum Danken siehst,
liegt die Schuld daran in Dir selbst.
Tecumseh, 1768-1813
Wisst ihr, daß die Bäume reden? Ja, sie reden. Sie sprechen miteinander,
und sie sprechen zu euch, wenn ihr zuhört.Aber die weißen Menschen hören
nicht zu. Sie haben es nie der Mühe wert gefunden, uns Indianer anzuhören,
und ich fürchte, sie werden auch nicht auf die anderen Stimmen der Natur
hören. Ich selbst habe viel von den Bäumen erfahren: manchmal über das Wetter,
manchmal über Tiere, manchmal über den Spirit.
Tatanga Mani, 1871-1967
Was ist das Leben?
Es ist das Aufflammen eines Leuchtkäfers in der Nacht.
Es ist der Atem eines Bisons im Winter.
Es ist der kleine Schatten im Gras,
der sich bei Sonnenuntergang verliert.
Crowfoot, 1821-1890
Die Natur ist mächtig, da sie die Ewigkeit besitzt.
Was sind die Erfindungen der Menschen, die stolzen
Städte, die sie am Rand der Wüste erbauen, die schrecklichen
Waffen, die sie anwenden, um ihre Eroberungen zu sichern und
zu verteidigen?
Das ist alles nur ein bißchen geformter Staub, den die Naturmächte
in seine ursprüngliche Form zurückkehren. Verlaßt für einige Jahre
die Stadt, überlaßt einige Monate lang die Kanonen der Prärie, und
bald werden Gras und Brombeerranken den Stein überwuchern, der Rost
das harte Metall zerfressen haben.
In alten Zeiten sind schon viele Male ungeheure, einsame Landstriche
besiedelt worden mit mächtigen Städten. Heute erinnern daran nur Ruinen,
und auch die versinken allmählich in der ewig jungfräulichen Erde.
Welche Bedeutung haben die Menschen, die vorüberziehen? Der Wind der Zeit
weht über sie hinweg und sie werden nicht mehr sein. So werden die Söhne der
Erde wieder von der Erde Besitz nehmen, und die vergangenen Zeiten werden
wieder neu erstehen.
Ghost Dance
Unsere Sitten sind anders als eure. Die Straßen eurer Städte tut den Augen des
roten Mannes weh. Aber vielleicht ist das so, weil der rote Mann ein Wilder ist
und nichts versteht.
Es gibt keinen friedlichen Ort in den Städten des weißen Mannes, kein Platz,
um zu hören, wie sich die Blätter im Frühjahr entfalten oder ein Insekt seine
Flügel reibt. Aber vielleicht ist das so, weil ich ein Wilder bin, und nichts
verstehe.
Der Lärm, so scheint mir, beleidigt nur die Ohren. Welches Interesse am Leben
gibt es, wenn der Mensch nicht den einsamen Schrei der Nachtschwalbe oder das
Quaken der Frösche rund um einen nächtlichen Teich hören kann? Ich bin ein roter
Mann und verstehe nichts.
Der Indianer liebt den süßen Klang des Windes, der dahinsaust wie ein Pfeil über
die Oberfläche eines Teiches, getränkt mit dem Duft einer Pinie.
Die Luft ist dem roten Mann kostbar, denn alle Lebewesen atmen sie: das Tier, der
Baum, der Mensch - alle atmen die gleiche Luft!
Botschaft an den "Häuptling Seattle"
Alles, was ein Indianer tut, tut er in einem Kreis.
Das ist so, weil das Universum in Kreisen wirkt und alles danach stebt,
rund zu sein. In den alten Zeiten, als wir ein glückliches und starkes
Volk waren, kam unsere Kraft aus dem heiligen Kreis des Volkes. Alles, was das
Universum wirkt, geschieht in einem Kreis. Ich habe mir sagen lassen, daß die
Erde rund ist wie eine Kugel und daß alle Sterne auch so sind. Der Wind in seiner
größten Kraft wirbelt im Kreis. Die Vögel bauen ein rundes Nest, denn ihr Spirit
ist der gleiche wie unsere. Die Sonne geht auf und unter in einer Kreisbahn. Der
Mond macht es ebenso, die eine wie der andere sind rund. Auch die Jahreszeiten in
ihrer Abfolge bilden einen großen Kreis und kommen immer wieder am Ursprung zurück,
wo sie waren.
Das Leben eines Menschen ist ein Kreis von Kindheit zu Kindheit, und so ist es mit
allem. Deswegen waren unsere Zelte rund wie die Nester der Vögel und immer im Kreis
angeordnet, der Kreis des Volkes - ein Nest gemacht aus zahlreichen Nestern.
Elan Noir geb. 1863
Als ich ein Kind war, verstand ich zu geben und zu teilen; seit ich zivilisiert
wurde, habe ich diese Tugenden verlernt.
Ich lebte ein natürliches Leben,
jetzt lebe ich ein künstliches.
Damals war jeder hübsche Kieselstein für mich kostbar,
und ich hatte Ehrfurcht vor jedem Baum.
Jetzt neige ich mit dem weißen Mann vor
einer gemalten Kandschaft, deren Wert man in Dollars abschätzt.
Ohiyesa 1859-1939
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