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Von Zauber, Geistern und Ritualen |
Wir als Waldmenschen und Beinahe-Naturvolk ;o) beschäftigen uns natürlich auch mit anderen Naturvölkern.
Sozusagen mit den Nachbarn auf unserer Welt. Dabei stoßen wir immer wieder auf Naturreligionen, Schamanismus
und Rituale. In allen Völkern scheinen diese Dinge existent. In den Medien wird von Ihnen berichtet: singende,
trommelnde Menschen. Tanzend und rasend. Hokuspokus-Schamanen heilen Kranke, indem sie die Kranken besingen und
blutige Federn aus ihnen raussaugen.
Auf einen modernen Menschen, den "homo stupidus et opinatus", wirkt dieser Zauber nicht. Wir grinsen über
die dummen Wilden, die noch an so einen Schmuh glauben. Wir, durch die Wissenschaft aufgeklärten und achso
wissenden Menschen der westlichen Welt. Wir wissen, daß der Schamane die blutige Feder schon vorher im Mund
versteckt hatte. Alles nur Betrug!
Leider stellt sich bei genauerer Betrachtung der Sache heraus, daß wir die Dummen sind. Daß wir zu Unrecht
über andere schmunzeln. Um die Naturmenschen zu verstehen, müssen wir uns von einigen westlichen Grundprinzipien
und grundlegenden Gedanken lösen: daß wir unsterblich sind, daß wir eine Körpereinheit sind. Daß Dinge jemanden
gehören. Daß wir alles über das Denken erfassen können - daß alles logisch ist.
Die Wissenschaft hat uns gezeigt: wir bestehen aus Atomen. Aus unwahrscheinlich vielen, kleinsten Partikeln.
Diese Partikel sind nicht das ganze Leben über bei uns: ständig werden sie ausgetauscht. Nach neun Jahren
ist der Körper nicht mehr derselbe: fast alle Partikel sind ersetzt worden. Wir sind ein Haufen Partikel.
Dieser Haufen wird nur von einem zusammen gehalten: dem Leben.
Sobald wir sterben, fließen unsere Partikel auseinander - zurück in die Welt, wo sie seit Millionen Jahren
kreisen. In uns sind die Partikel vom Eis des Nordpols, des Gesteins der Berge, der Tropfen der Seen. Aus der Möhre,
an der wir gerade knabbern. Die Partikel des Schweins kreisen in uns, die wir über das Butterbrot mit Leberwurst
aufgenommen haben.
Das Leben bildet aus diesen Partikeln eine Form: Menschen. Pflanzen, Tiere, Einzeller. Pilze. Bäume. Haselnußsträucher.
Bienen. Waldameisen. Das Leben bildet seit Jahrmillionen ständig neue Formen aus Partikeln. Die Formen versuchen
sich mit Hilfe der Genetik wieder zu bilden. Das Leben bildet Lebensformen
Das wird durch die Wissenschaft deutlich klargelegt und bestätigt - und jetzt? Jetzt stehen wir da, und
können nicht erfassen, was Tod bedeutet. Was die Unendlichkeit des Weltalls bedeutet. Unser bewußtes
Vorstellungsvermögen scheitert an Grenzenlosigkeit. Dem Chaos, das vor dem Leben war. Als die Partikel
keine Form bildeten.
Einer sagte mal: wenn Du denkst, sollst Du denken. Wenn Du träumst, sollst Du träumen. Wenn Du
fühlst, dann fühle!
Kommunikation zwischen Menschen findet in unseren Breiten zu 55-65% nonverbal, sprich ohne Worte, statt.
Gesten unterstützen in 90 % aller Fälle unseren Gedanken-Austausch. Liegt es daran, daß unser Gehirn hauptsächlich
mit Gefühlen arbeitet? Daß bewußte Gedanken nicht das Potential unseres Gehirn sind?
Unser Gehirn arbeitet über Gefühle mehr Informationen ab, als wir je mit Gedanken erfassen
könnten. Gefühlsmäßig können wir zum Beispiel eine gefährliche Situation schneller und umfassender erfassen.
In unserer heutigen Kultur sind Gefühle dem "Verstand" untergeordnet. Wobei Gefühle mit Schmecken, Tasten,
Temperaturempfinden, Feuchtigkeitsempfinden, ja das Hören vernachlässigt werden. Dabei besitzt unser
Partikelhaufen Sensoren überall, selbst in den feinsten Blutadern, bis in die letzten Zellen unserer Körperform.
Wenn wir tagträumen oder meditieren, dann schalten wir unsere Gedanken ab und begeben uns in die Welt der
Gefühle. Alle Sensoren sind ausgefahren und senden ihre Signale. Und im Gegensatz zu sonst ignorieren wir
diese Signale nicht. Wir fühlen mit allen Partikeln die Welt um uns herum. Fühlen die Partikel des Windes
an unserer Lebensform entlangstreicheln. Und sei es nur der Wind des Atems, der durch unsere Lungen streicht.
Ein ausgelassener Tanz, ein wildes Liebesspiel kann zu dem gleichen Effekt führen. Wir hören auf zu Denken.
Wir fühlen. Anfangs fühlen wir uns bedroht durch die Partikel um uns. Wir die Lebensform werden von dem Chaos
um uns herum angegriffen. Doch dann erfühlen wir irgendwann eine Harmonie, ein Zugehörigkeitsgefühl zu dieser
Welt.
Viele Menschen kommen an diesem anfänglichen, bedrückenden Gefühl nicht vorbei. Sie fürchten sich und kehren um.
Oder erklären den Verstand dem Gefühl übergeordnet ;o).
An dieser Stelle kommen die Schamanen dieser Welt ins Spiel. Sie erzählen von "Torwächtern", wenn sie von Eintritt
in die "andere Welt" sprechen. Und meinen den Übergang vom Denken zum Fühlen. Sie erzählen, daß
es ist wie Sterben. Wie Partikel auflösen.
Schamanen sind Menschen, die an diesen Torwächtern vorbei in die andere Welt eintauchen. Diese andere Welt ist
dieselbe wie die, die wir täglich erfahren. Nur eben mit allen Sinnen erfahren und dem, was uns sonst verborgen
bleibt.
Kommt so ein Fühlender (sei es Schamane, Yogi, Buddha, Medizinmann....)zurück in unsere Gedankenwelt, so ist es
ihm schwierig zu übersetzen. Was er mit allen Sinnen erkannt hat. Wie bloß setzt er das
in Gedanken um, oder wie kann er anderen zeigen, was er gefühlt hat? An dieser Stelle kommen Hilfsmittel ins Spiel:
Federn, Zeichen, Wasser, Feuer, Rauch, Steine. Alles was unsere Sinne berührt und Gefühle beflügelt.
Mit Symbolen versucht der Fühlende seine Gefühle zu zeigen. Diesen Symbolen liegt ein Zauber inne, etwas, was
mensch nicht mit Worten erklären kann. Er sieht, schmeckt, fühlt es. Auch heute werden Blumen als Zeichen der
Liebe verschenkt, Mummenschanz an Karneval betrieben, Weihnachtsbäume und Maibäume aufgestellt, Osterfeuer entzündet,
usw. Symbole werden für Rituale verwendet. Menschen brauchen Rituale. Das sieht man vor allem
bei Kindern: das Gute-Nacht-Lied als Einschlafritual. Ein geregelter Ablauf des Tages mit seinen kleinen Ritualen
ist für sie besonders bedeutsam. Das nimmt mit dem "Erwachsenwerden" in unserer Kultur (oder eher Unkultur ;o)) ab.
Schade, da wir uns gefühlsmäßig verschließen.
Es gibt einige Symbole, die fast überall auf der Welt von den Menschen für Rituale verwendet werden. Da sind zum Beispiel die Krähe,
die Farbe Rot, Spiralen, Augensymbole, Blut, Rauch, Sonne, Mond, Steine, Gehörne, Geweihe, Bäume. Es scheint, als ob
es solche Zeichen schon seit Anbeginn der Menschheit gibt und in gleicher Weise von Ihnen benutzt worden sind.
Und heute von einigen Naturvölkern und Neuzeitschamanen immer noch verwendet werden.
Die blutige rote Feder, die ich eingangs erwähnte, hat bei dem Naturvolk eine symbolische Bedeutung. Sicher ist
ihnen bewußt, daß die Feder die Krankheit nur darstellt und nicht sie selbst ist. Es ist aber ein schönes
Symbol - etwas was man sich vorstellen kann. Etwas, was das Ungreifbare greifbar macht. Der Schamane saugt
die Krankheit aus dem Körper des Kranken. Es ist ein Bild. Eine Geste. Eine Form.
Eine Form, wie wir eine Lebensform sind. Eine Form aus Partikeln. Indem wir Steine zu einem Haufen aufschichten,
sie formen, erzeugen wir ein Bild des Lebens. Eine Form wie wir. Dem Chaos geweiht. Partikel die sich formen
und wieder zerfliessen. Indem wir formen, sehen wir uns selbst. Sehen wir das Leben. Deswegen gibt es Kunst. Gibt
es Rituale, gibt es Symbole.
Leider sind in unserer heutigen Gesellschaft die Symbole und Rituale ohne Bedeutung für uns. Ohne den Kontakt zur
wirklichen Welt können Symbole und Rituale keine Bedeutung haben, da wir in ihnen nichts sehen können.
Wir sind isoliert, ignorieren das Leben und den Tod. Geburten finden im Krankenhaus und das Sterben im Altenheim statt. Jedem Alter
seine Kaste. Junge und Alte sitzen nur noch sporadisch zusammen. Hunger gibt es nicht mehr. Nöte gibt es nicht.
Außer vielleicht, es noch rechtzeitig zum Start der Serie im Fernsehen nach Hause zu schaffen. Das Leben gibt es
nur noch indirekt über das Auge des Fernsehens.
Menschen in der Natur erfahren jedoch das Leben in all seinen Formen. Sie wissen durch ihr Gefühl ihren Platz
in dem großen Kreislauf einzunehmen. Sie danken allem Leben, daß sich für ihre Form "opfert". Vor jedem erlegten
Tier wird ehrerbietig ein Ritual vollzogen (übrigens auch bei den deutschen Jägern, zumindest traditionell erzogenen),
vor jedem Essen eine Opfergabe gemacht, vor jedem Kriegszug ein Kriegstanzritual vollzogen. Sie verstehen sich
als Form die es mit einer Formgeste wieder gut machen wollen, daß sie eine andere Form zum Zerfliessen brachten.
Grinse noch jemand über den "HokusPokus" der Schamanen....eine achtungs- und respektvolle Geste, an der wir uns ein
Beispiel nehmen können.
Ein Beispiel nehmen
In unserer Kulturgeschichte gab es genauso Schamanen und Rituale, wie es sie heute in den Naturvölkern gibt.
Wir haben lediglich den Kontakt zu unseren Wurzeln verloren. Nicht nur die Handfertigkeiten wie Feuermachen,
Jagen, Seile drehen, Kochen oder die passende Pflanze zur Heilung zu finden, sind uns abhanden gekommen.
Auch die Fähigkeit ganzheitlich zu fühlen.
Zum Glück ist unsere Kultur (noch) nicht überall verbreitet, so daß wir von den anderen Kulturen lernen können,
unsere Wurzeln wiederzufinden. Jedem, der ernsthaft drüber nachdenkt, ein Leben mit der Natur zu führen, sollte
sich im Fühlen schulen.
Es gilt das Tor zu passieren, mit den Torwächtern, die einem das Fürchten lehren. Um sich zu stärken, benutzen
Menschen Hilfsmittel. Einige psychoaktive Pflanzen zum Beispiel. Davon ist uns aber dringenst abzuraten, da wir
heute definitiv zu blöde sind, Pflanzen selbst generell zu nutzen (z.B. für Tee...). Aber es gibt noch
anderen "Proviant" für die Reise in die andere Welt. Trommeln, rythmische Bewegungen, Tanzen, Singen, Töne aus
Vokalen erzeugen (sprich den Körper vibrieren lassen). Solche Dinge erleichtern das Abschalten der Gedanken. Siehe auch
Meditationstechniken oder Yogatechniken. Sind die Gedanken einmal fort, wird es ernst. Man begegnet seinem Tod.
Die Partikel werden fühlbar. Ich bin ein Haufen Partikel. Ich werde zerfliessen. Ich zerfließe. Meine Partikel
vereinen sich mit den Partikeln um mich herum. Ich werde Wind. Ich werde Staub, ich werde ein Tier, ich werde eine
Pflanze. Ich fühle alles um mich herum, ich bin mit allem um mich herum verbunden. Ich werde formlos und stürze
in das Chaos.
Eine Erfahrung, die deine Gedanken verändern wird. Du wirst ruhiger und siehst deinen Alltag aus völlig anderer
Sicht. Ähnlich wie beinahe-Tote nach überlebten Unfällen. Leben wirst Du weniger gierig, sondern respektvoll
nehmen. Die Form der Pflanze verinnerlichen und sich mit einer Formgeste bedanken, bevor diese Form in deine
Form übergeht. Die Form des Tieres wieder lebendig machen, dessen Form Du zerfliessen lässt. Du wirst in anderen
Lebensformen deine eigene Lebensform sehen. Und schließlich selbst deine Form für andere Formen hergeben.
Wahnsinn, wie alt deine Partikel doch sind. Und wie neu die Form doch trotzdem ist.
Vor allem wirst Du wissen, daß wir nicht eine Körpereinheit sind, daß wir nicht unsterblich sind. Daß Pflanzen,
Bäume, Tiere, Luft, Wasser keinem gehören. Daß Verstand nur ein anderer Blick auf die Welt ist. Du wirst die
Naturvölker und alle anderen Lebensformen "verstehen". Du wirst die Symbole unserer Vorfahren verstehen.
Du wirst ein Schamane. Ein Weltenwanderer. Ein Zaunreiter.
Denke, wenn Du denkst. Träume, wenn Du träumst. Fühle, wenn Du fühlst.
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